Im Dschungel der Therapieschulen

Psychotherapie ist nicht gleich Psychotherapie. Das wird einem schnell bewusst, wenn man sich auf die Suche nach Unterstützung begibt und man sich plötzlich die Frage stellt: “Was ist Tiefenpsychologie? Und was zum Kuckuck behandelt die systematischen Therapie? Und wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Therapie und Beratung?” In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf einige der prominentesten Therapieschulen, ihre unterschiedlichen Ansätze und wie du die richtige Entscheidung für dich treffen kannst. Zum Schluss gebe ich dir ein paar praktische Tipps, wie du am besten vorgehen kannst.

In Deutschland gibt es aktuell vier Therapierichtungen, die als wissenschaftlich anerkannte, sogenannte „Richtlinien-Verfahren“ gelten. Die Kosten einer Behandlung werden somit von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Im Folgenden schauen wir uns das einmal genauer an:

Die analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)

Die Psychoanalyse wurde von Sigmund Freud entwickelt und hebt die Bedeutung des Unbewussten, der Kindheitserfahrungen und der unbewussten Konflikte für psychische Gesundheit hervor. Durch Techniken wie freie Assoziation, Traumanalyse und Deutung werden verborgene Konflikte und Muster aufgedeckt und verstanden.

In dieser Therapieform werden aktuelle seelische Probleme oft auf ungelöste Konflikte in der Kindheit zurückgeführt. Ungesunde Muster werden im Verlauf des Lebens unbewusst wiederholt. Diese Konflikte werden in den Sitzungen auf den Therapeuten “übertragen”, wodurch verdrängte Konflikte ins Bewusstsein geholt werden und mithilfe der therapeutischen Beziehung können diese gelöst werden. Das Ziel besteht also darin, durch eine erlebte Einsicht in wiederkehrende Muster und Empfindlichkeiten eine tiefere Selbstverständnis zu erlangen und somit bewusste Entscheidungen zu treffen.

Die Behandlungen dauern in der Regel recht lange (160 bis 300 Stunden) mit 3-5 Sitzungen in der Woche.

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Die psychologische Tiefenpsychologie, die von Psychologen wie Carl Gustav Jung und Alfred Adler weiterentwickelt wurde, untersucht ebenfalls unbewusste Motive und Konflikte, die die psychische Gesundheit einer Person beeinflussen. Hierbei werden zudem verschiedene Aspekte der Persönlichkeitsentwicklung berücksichtigt. Die Untersuchung der Beziehungsdynamik zwischen Therapeut und Patient stellt ein Kernelement dar.

In einer psychoanalytischen Therapie ist der Therapeut aktiver als in einer Psychoanalyse, er stellt mehr zielgerichtete und direkte Fragen und erarbeitet mit dem Patienten im Voraus aufgestellte Hypothesen. Meistens dauert eine solche Therapie weniger lange als eine Psychoanalyse.

Die Krankenkassen bezahlen 60 bis 100 Stunden mit meistens 1-2 Sitzungen pro Woche.

Die Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie ist ein moderner Ansatz, der sich darauf konzentriert, Verhaltensmuster zu erkennen und zu verändern. Sie basiert auf dem Konzept, dass unser Verhalten durch Lernen geprägt ist und dass wir unerwünschtes Verhalten durch neue Lernprozesse anpassen können. Die Kernidee der Verhaltenstherapie besagt, dass menschliches Denken, Verhalten und Gefühle eng miteinander verbunden sind, diese sich gegenseitig beeinflussen und einen wesentlichen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Man kann sich die Verhaltenstherapie ungefähr wie ein Training vorstellen, bei dem es darum geht, neue Denk- und Verhaltensweisen zu erlernen.

Im Gegensatz zu früheren Therapieansätzen, die sich stark auf die Analyse von unbewussten Prozessen oder sozialen Dynamiken konzentrieren, legt die Verhaltenstherapie den Fokus auf konkrete Verhaltensänderungen und die Umgestaltung von Denkmustern (kognitive Verhaltenstherapie).

Die Verhaltenstherapie ist mit 60 bis 80 Sitzungen zeitlich begrenzt und zielgerichtet, wobei der Schwerpunkt auf der Entwicklung praktischer Techniken und Strategien zur Bewältigung von Problemen liegt.

Die Systemische Psychotherapie

Der systemische Ansatz basiert auf dem radikalen Konstruktivismus, der besagt, dass wir unsere Realität in unterschiedlichen Kontexten konstruieren. Das bedeutet, dass unsere Familiengeschichte und die Werte, Gedanken und Gefühle, die von Generation zu Generation weitergegeben werden unser Verhalten und unsere Wahrnehmungen maßgeblich beeinflussen. Demnach steht die Person nicht nur unter dem Einfluss ihrer eigenen Absichten, sondern auch der Umgebung, in der sie sich bewegt.

Die systemische Therapie betrachtet Probleme daher nicht isoliert in einer Einzelperson, sondern im Kontext ihrer verschiedenen Systeme (Familie, soziales Umfeld, Beziehungen). Die Idee ist, dass ein Symptom eine Funktion hat, welches man nicht einfach “abschaffen” kann. Hilfesuchende werden vielmehr als Symptomträger eines dysfunktionalen Systems betrachtet. Daher ist es notwendig die Interaktionen innerhalb dieses Systems zu untersuchen und zu analysieren, wie diese zur Aufrechterhaltung des Problem beitragen.

Die Krankenkassen bezahlen bis zu 48 Stunden in Einzel- und Gruppentherapie.

Kurzzeitherapie und Langzeittherapie

Oben habe ich euch die Stundenkontingente für eine Langzeittherapie aufgelistet. Eine Kurzzeittherapie wird in zwei Abschnitte unterteilt: Nach Kurzzeittherapie 1 mit 12 Stunden kann eine Fortführung mit der Kurzzeittherapie 2 mit ebenfalls 12 Stunden beantragt werden.